TalentKompass trifft TZI (Themenzentrierte Interaktion) Teil 3

TZI Teil 3: Die Hilfsregeln im TalentKompass-Prozess

Die Hilfsregeln sind aus den Axiomen und Postulaten abgeleitete Regeln, um die zwischenmenschliche Kommunikation und die Selbstleitung zu erleichtern.

 

Damit werden die Axiome und Postulate praktisch handhabbar.

Denn auch, wenn sie sich leicht anhören und grundsätzlich gut verständlich sind, so ist es doch schwieriger, sie durchgängig und  nachhaltig zu praktizieren, als man denkt.

Leider wird mancherorts das komplexe Gedankengut, das hinter der TZI steckt, auf wenige simpel klingenden Regeln reduziert. Wir wissen, dass mehr dahinter steckt, als einfache Verhaltensregeln.

 

Je nach Literatur werden mal mehr, mal weniger dieser Regeln formuliert, ich biete folgende Hilfsregeln an:

 

11 Hilfsregeln

1. Vertritt Dich selbst in Deinen Aussagen; sprich per ICH und nicht per WIR oder per MAN.

Durch konkrete Ich-Aussagen wird die volle Verantwortung für das Gesagte übernommen.

Diese Hilfsregel empfiehlt die viel zitierten „Ich-Botschaften“.

 

Dabei möchte ich zu bedenken geben:

„Ich finde, Du bist ein Trottel.“ ist im weitesten Sinne auch eine Ich-Botschaft.

In vermeintlichen Ich-Botschaften verpackte Angriffe, Beleidigungen etc. sind hier nicht gemeint. 

 

Was eine echte Ich-Botschaft ausmacht, findet sich auch in einigen der noch folgenden Regeln wieder.

 

2. Wenn Du eine Frage stellst, sage, warum Du fragst und was Deine Frage für Dich bedeutet. Sage Dich selbst aus und vermeide das Interview.

Frage also niemanden aus, frage nicht um des Fragens willen.

Erkläre Dein Interesse, Dein Bedürfnis, Deinen Wunsch dahinter. 

Bei Informationsfragen fällt die Antwort leichter, wenn man den Grund dafür offenlegt.

 

Fragen sollen nicht Selbstaussagen verschleiern.

Selbstaussagen (siehe Regel Nr. 1) ermöglichen echten Austausch.

 

Verstecke Deine eigene konträre Meinung nicht hinter einer Frage wie: „Könnte es nicht vielleicht auch so sein, dass…?“ Sondern sage aus: „Ich meine, dass….“ 

3. Halte Dich mit Interpretationen zurück. Sprich stattdessen Deine persönlichen Reaktionen aus.

Interpretiere das Verhalten anderer nur, wenn es gewünscht ist (zum Beispiel in einer Feedback-Runde).

Unerwünschte Interpretationen können Abwehr/Rechtfertigung hervorrufen. 

 

Wenn Du Aussagen über Personen, Dinge, Sachverhalte außerhalb Deiner selbst mitteilen möchtest, gib stets den Zusammenhang mit Dir selbst bekannt, soweit er Dir verfügbar ist.

Liefere zu Deiner Aussage/Interpretation von Personen/Verhalten/Ereignisse also stets dazu, was diese in Dir auslösen. 

 

Bedenke: Deine Wahrnehmung ist nicht die Realität sondern Deine Interpretation.

 

4. Wenn mehr als eine/r gleichzeitig sprechen will, verständigt Euch in Stichworten, über was Ihr zu sprechen beabsichtigt.

Die Teilnehmenden (nicht die Leitung) bestimmen, wer im Augenblick zuerst redet.

 

5. Seitengespräche haben Vorrang.

Sie stören und sind meist wichtig.

Sie würden nicht geschehen, wenn sie nicht wichtig wären.

Seitengespräche verhindern aufmerksames Zuhören und Reden, sie haben eine Botschaft.

Sie zeugen von starker Beteiligung und sind ein Versuch, sich in der Gruppe zu äußern.

 

6. Sei authentisch und selektiv in Deiner Kommunikation.

Mache Dir bewusst, was Du  denkst, fühlst und glaubst, und überdenke vorher, was Du sagst und tust. 

 

Alles, was gesagt wird, soll ehrlich sein. Aber nicht Alles muss gesagt werden.

 

Stichwort: Realistische Offenheit.

Damit ist gemeint, dass die Preisgabe von Persönlichem durchaus angebracht ist, wenn es der Sache, dem Prozess, der Gruppendynamik dient. 

 

7. Sei zurückhaltend mit Verallgemeinerungen.

Verallgemeinerungen/Generalisierungen unterbrechen den Prozess und weichen gegebenenfalls den Austausch ehrlicher Selbstaussagen (Regel Nr. 1) auf.

 

Sie sind durchaus geeignet für eine Zusammenfassung/ein Schlusswort, wenn ein Thema hinreichend diskutiert wurde und ein Themenwechsel ansteht. 

 

8. Wenn Du etwas über das Benehmen oder die Charakteristik einer/eines anderen  Teilnehmenden aussagst, sage auch, was es Dir bedeutet, dass sie/er so ist, wie er ist bzw.  wie Du ihn siehst.

Eine Aussage darüber, wie Du jemand anderen siehst, ist immer Deine persönliche Meinung und hat keinen Anspruch auf allgemeine Gültigkeit.

 

Wenn Du die Bedeutung, die das Verhalten/die Aussage für Dich hat, mitteilst, begünstigt das echte Dialoge.

 

Diese Regel steht in engem Bezug zu den Regeln 2 und 3.

 

9. Werde wach für Deine Gefühle. Sie gehören zu Deinem Wert und zu Deiner Wichtigkeit. Sie sind gültig für Dich und Deinen jeweiligen Augenblick. Sie sind Energiespender.

Das gegenseitige Vertrauen wächst, wenn alle nicht nur auf Ihre Gedanken und Äußerungen achten, sondern auch Ihre Gefühle und Innerungen, aufsteigende Impulse wahrnehmen und mitteilen.

 

Wenn, wie in den Regeln Nr. 2, 3 und 8 vorgeschlagen, die inneren Beweggründe ebenfalls mitgeteilt werden sollen, ist eine Voraussetzung dafür, die eigenen Gefühle und Befindlichkeiten auch zu erkennen und benennen zu können.

Das braucht gegebenenfalls etwas Übung.

 

10. Beobachte Signale aus Deiner Körpersphäre und beobachte diese auch bei anderen Teilnehmenden.

Nimm die Gleichgewichtigkeit von Körper- und Wortsprache wahr.

 

Erfahrungen und Gefühle zeigen sich als Körperempfindungen.

 

Körpersignale sind daher schneller und authentischer als das gesprochene Wort.

 

Sie liefern wertvolle Hinweise aus unbewussten und tieferen Gefühlsschichten.

 

 

Diese Regel ist eng verknüpft mit Regel Nr. 8 und 9.

Wer die eigenen und die Gefühle des Gegenübers erkennen kann, kann durch offenes Aussprechen und Nachfragen zu einer gelingenden Kommunikation beitragen. (Hier sehe ich insbesondere Überschneidungen mit den Grundannahmen und der Methode der Gewaltfreien Kommunikation – GFK.) 

 

11. Wenn Du willst (nicht: Wenn Du gerade Laune dazu hast), durchbrich diese Regeln!

Hilfsregeln sind sinnvoll, wenn sie das Wachstum der Teilnehmenden und die Kooperationsfähigkeit fördern.

 

Sie dienen als freundliche Aufforderungen, nicht als Dogmen, um nicht den Grundsätzen der TZI zu widersprechen.

 

Im TalentKompass-Prozess werden diese Hilfsregeln in den verschiedenen Übungen gelebt.

Der ganze Orientierungsprozess ist darauf ausgelegt, für sich einzustehen, sich selbst zu erkunden, Entscheidungen danach zu treffen, wie sich die verschiedenen Alternativen im Körper darstellen, welche Gefühle, welche Er-Innerungen sie hervorrufen. 

 

Bei den vielen Entscheidungen, die beim Füllen der 6 Felder des TalentKompasses getroffen werden, und bei der Zielformulierung wird Wert darauf gelegt, die Körperwahrnehmung und die Emotionen, die sie hervorrufen, zu berücksichtigen. 

 

Bereits die Fragestellungen, wie zum Beispiel: „Wie bist Du GERNE?“ oder „Welches Wissen wendest Du GERNE an?“, weisen darauf hin, dass leichte, frohe, angenehme Reaktionen wegweisend sind.    

 

 

Bei den Brainstormings, Kommentaren zu den Bildern und zur Erfolgsgeschichte wird Wert auf unterstützendes Feedback gelegt.

Insbesondere die Übung, bei der die Interessensgebiete in Kleingruppen gemeinsam erarbeitet werden, kommt es darauf an, wiederholt angemessene Fragen zu stellen, um die echten Interessen hinter den Strategien, die die Teilnehmenden verfolgen, um diese Interessen zu nähren, herauszuarbeiten.     

 

Diese Übungen unter Berücksichtigung der TZI-Hilfsregeln sind über den Prozess hinaus geeignet um, Entscheidungen klüger zu treffen, die innere und zwischenmenschliche Kommunikation zu verbessern sowie sich selbst verantwortungsvoll zu leiten.

 

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Von der Psychoanalyse zur themenzentrierten Interaktion, Ruth C. Cohn

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TZI - Die Kunst, sich selbst und eine Gruppe zu leiten, Cornelia Löhmer, Rüdiger Standhardt

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Einführung in die Themenzentrierte Interaktion TZI – Leben rund ums Dreieck

Barbara Langmaack

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Und etwas über das Dreieck der TZI erfährst Du im nächsten Beitrag.